Ursula Pidun


Das größte Problem der EU sind die Toten im Mittelmeer

Laut "Statista" sind seit 2014 über 18.000 Menschen im Mittelmeer gestorben. Ein Ende dieses Dramas ist nicht abzusehen. Die Europäische Union trägt Verantwortung für diese unfassbare Tragödie. Anlässlich der EU-Wahlen sieht die europäische Seenotrettungsorganisation SOS MEDITERRANEE eine reelle Chance, nunmehr die fortschreitende Erosion von See- und Völkerrecht im Mittelmeerraum zu stoppen.

Das Sterben im Mittelmeer muss ein Ende haben. (Fotorechte: SOS MEDITERRANEE)

In einer europaweiten Aktion fordert die Organisation alle Kandidatinnen und Kandidaten des zukünftigen Parlaments auf, in der neuen Legislaturperiode auf die Einhaltung von Seerecht zu pochen.

„Bei den EU-Wahlen stehen auch europäische Werte auf dem Spiel. Wir haben einen klaren Arbeitsauftrag für die künftigen EU-Abgeordneten: Sich für die Einhaltung des Seerechts einzusetzen und Menschen in Not nicht einfach im Mittelmeer ertrinken oder nach Libyen zurückbringen zu lassen,“

sagt Verena Papke von SOS MEDITERRANEE.

„Seien Sie menschlich, retten Sie Leben auf See und respektieren Sie das Gesetz!“,

zitiert die Geschäftsführerin des deutschen Vereins den Aufruf, der bereits in mehreren europäischen Ländern verbreitet wurde. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger sind bei den bevorstehende Europa-Wahlen gefragt, genau hinzuschauen, ob sich die Abgeordneten ihres Wahlkreises für die Einhaltung von Völkerrecht und den Schutz von Menschenleben auf dem Mittelmeer einsetzen.

Seenotrettung muss höchste Priorität haben

Angesichts eines dramatischen Schiffsunglücks vor Lampedusa, bei dem mindestens 360 Menschen starben, richtete Italien am 18. Oktober 2013 das Seenotrettungsprogramm Mare Nostrum ein. Obwohl rund 150.000 Kinder, Frauen und Männer gerettet werden konnten, musste das Programm schon ein Jahr später auf Grund fehlender Unterstützung durch die EU aufgegeben werden. Es wurde ersetzt durch das europäische Grenzkontroll-Programm Triton, das Seenotrettung entsprechend nicht zum obersten Ziel hat.

(Fotorechte: SOS MEDITERRANEE)

Rettungsprogramm dringend erforderlich

Durch das Fehlen eines europäischen Seenotrettungsprogramms starben Tausende Menschen auf der Flucht im Mittelmeer. Bürgerbewegungen gründeten deshalb ab 2014 Seenotrettungsorganisationen, um die staatliche Lücke zu füllen. Doch deren Arbeit wird seit 2017 zunehmend blockiert.

Am 3. Februar 2017 beschlossen die europäischen Staats- und Regierungschefs die sogenannte Malta-Erklärung und damit die Aufrüstung der libyschen Küstenwache, die auch verantwortlich wurde für die im Sommer 2018 eingeführte libysche Such- und Rettungszone. Das Schiff von SOS MEDITERRANEE und Ärzte ohne Grenzen, die Aquarius, war das erste Schiff, das im Juni 2018 mit 630 Geretteten an Bord nicht in italienische Häfen einlaufen durfte.

„In der jetzt auslaufenden Legislaturperiode des EU-Parlaments wurde die Seenotrettung auf dem Mittelmeer mehr und mehr abgeschafft, obwohl sie Herzstück des Seerechts ist,“

sagt Frédéric Penard, operativer Leiter von SOS MEDITERRANEE.

„Wenn Rettungseinsätze überhaupt noch stattfinden können, werden sie durch die dysfunktionale libysche Küstenwache auch noch erschwert. Zudem fängt sie diese Menschen auf der Flucht ab und bringt sie zurück in die Lager, vor denen sie geflohen sind – bezahlt von den Beiträgen der europäischen Bürgerinnen und Bürger,“

ergänzt Penard, der die erste Hafenblockade der Aquarius im Juni 2018 miterlebte.

„Es ist offener Rechtsbruch und lässt europäische Werte über Bord gehen.“

Videos erläutern die Problematik eindringlich

Fotorechte: SOS MEDITERRANEE

Laut Seerecht ist Seenotrettung Pflicht, außerdem müssen Überlebende unverzüglich und an einem sicheren Ort an Land gehen können.

Der Aufruf, besteht auch aus einer mehrteiligen Serie aus vier kurzen Videos, die der Filmemacher Benoit Musereau produziert hat. Illustriert wurden sie vom französischen Karikaturisten Rodho exklusiv für diese Aktion der Seenotrettungsorganisation. Zugespitzt und kreativ zeigen die Videos die Entwicklung der letzten fünf Jahre auf dem Mittelmeer auf.

Anschaulich erklären sie, wie das Seerecht seit 2014, dem Beginn der jetzigen Legislaturperiode des europäischen Parlaments, im Mittelmeer immer mehr missachtet wird und welche Ereignisse dabei besonders ausschlaggebend waren und sind.

Den Verfall der Rechtsstaatlichkeit rund um das Mittelmeer erklären dem Zuschauer bekannte Stimmen: Bei dem deutsch- und englischsprachigen Video ist es die Schauspielerin Heike Makatsch, bei dem französischen Video der Fernsehmoderator Nagui und beim italienischen der Schauspieler Massimo Schuster.
 
 
SOS MEDITERRANEE im Einsatz:

  
 
Verweise:

Sprachkreationen in Zeiten der Migration
An Horst Seehofer: SOS von der Lifeline