Dr. Alexander Krüger


Nach Boom-Phase sinkt die Wachstumsrate

Das EWU-BIP ist im zweiten Quartal 2019 noch passabel gewachsen. Die ungelösten Handelskonflikte und der unklare Brexit werden im zweiten Halbjahr aber wohl stärker belasten. Die EZB dürfte präventiv handeln. Dies und die Frage, was die Geldpolitik konjunkturell noch bewirken kann, kommentiert Dr. Alexander Krüger.

Konjunktur

Die erkennbar niedrigere Wachtumsphase bietet noch keinen Grund zur Beunruhigung.

(Foto: Clipdealer.de)

Die Wirtschaftsleistung im Euroraum ist im zweiten Quartal 2019 noch recht passabel gestiegen. Mit seiner vorläufigen Schnellschätzung gab Eurostat heute einen Zuwachs von 0,2 % gegenüber dem Vorquartal bekannt. Zuvor wurde berichtet, dass das BIP in Frankreich und Spanien um 0,2 bzw. 0,5 % höher lag als im Vorquartal.

Wachstumsverlangsamung bestätigt sich

Aus der Schnellschätzung gehen vor allem zwei Dinge hervor: Zunächst bestätigt sie den von uns erwarteten Trend einer Wachstumsverlangsamung. Lag der im Vorjahresvergleich gemessene BIP-Anstieg im zweiten Quartal 2018 noch bei 2,2 %, betrug er mit 1,1 % im abgelaufenen Quartal nur noch die Hälfte. Dramatik messen wir dem nicht bei, da wir die niedrige Wachstumsrate als Normalisierung ansehen, die nach einer Boom-Phase üblich ist. Daneben lassen die aus unserer Sicht respektablen BIP-Ergebnisse für Frankreich und Spanien erahnen, dass andere Länder konträre Entwicklungen gezeigt haben. Hier haben wir besonders Deutschland im Blick.

Wirtschaft von dämpfenden Effekten belastet

Unseren gedämpften Konjunkturausblick für 2019/20 haben wir leicht angepasst. In diesem erwarten wir weiter, dass das binnenseitig alles in allem noch ordentliche spätzyklische Konjunkturumfeld anhalten wird. Hierfür sprechen die mittlerweile als gut zu bezeichnende Arbeitsmarktlage, die durch Lohnzuwächse und Inflationsrückgang gestiegenen Reallöhne und die höhere Unterstützung seitens der Fiskalpolitik. Gleichwohl dürfte die Wirtschaft von den dämpfenden Effekten seitens des bereits lang anhaltenden und vorerst offenbar nicht zu lösenden globalen Handelsstreits sowie des unklaren Brexits nun auch im zweiten Halbjahr stärker belastet werden. Dadurch ermäßigt sich unsere BIP-Prognose für 2019 von 1,1 auf 1,0 %. Die Wahrscheinlichkeit einer technischen Rezession beziffern wir für 2019 auf 25 %. Diese würde im Winterhalbjahr wohl rasch zur Realität, käme es zu Autozöllen für die EU.

Konjunkturumfeld bleibt schwierig

Auf ihrer Sitzung in der vergangenen Woche hat sich die EZB handlungsbereit gezeigt. Das heutige BIP-Ergebnis wird dies wohl untermauern. Auch wenn das Konjunkturumfeld voraussichtlich schwierig bleiben wird, verlangt es unseres Erachtens nicht nach einer noch stärkeren Krisen-Geldpolitik. Dies und die Frage, was die Geldpolitik konjunkturell noch bewirken kann, dürfte die EZB jedoch „überhören“, um ihre Negativ- und Tiefstzinspolitik zur Stabilisierung von Finanzmärkten und Staatshaushalten durchzusetzen. Neue expansive Maßnahmen, die über eine Einlagesatzsenkung hinausgehen, dürften daher noch 2019 angekündigt werden.

 

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