Dr. Alexander Krüger


EZB mit klarer Lockerungsneigung

Gehandelt hat die EZB aktuell nicht. Sie steht aber bereit, ihre Instrumente anzupassen. Da Konjunktur- und Inflationsdaten wohl weiter enttäuschen werden, dürfte die EZB ab September den Einlagesatz senken und neue Wertpapierkäufe oder Liquiditätsmaßnahmen ankündigen. Darüber werden sich unsers Erachtens Finanzmärkte und Staatshaushalte freuen. Eine Kommentierung von Dr. Alexander Krüger.

(Foto: matthi/Clipdealer.de)

Mario Draghi auf der aktuellen Pressekonferenz. (Foto: matthi/Clipdealer.de)

 
Trotz klarer Hinweise in den vergangenen Wochen hat der EZB-Rat seinen Leitzinsausblick heute unverändert belassen. Dieser beinhaltet, dass die Leitzinsen mindestens im ersten Halbjahr 2020 auf dem aktuellen Niveau bleiben werden. Gleichzeitig betont der Rat seine Handlungsbereitschaft, die aus seiner Sicht von der niedrigen Inflationsrate resultiert. Er stehe deshalb Gewehr bei Fuß, alle Instrumente der EZB anzupassen. Ein Zeitpunkt hierfür wurde nicht genannt. Notenbank-Chef Mario Draghi erweckte unseres Erachtens aber den Eindruck, dass dies der September ist.

Lockerungsrunde wird kommen

Die EZB hat aus unserer Sicht die Absicht, eine neue Lockerungsrunde einzuleiten. Der Startschuss wird aus unserer Sicht tatsächlich wohl im September erfolgen, wenn die Notenbank ihre viel zu optimistische BIP-Projektion von 1,6 % für 2020 massiv senken dürfte. Die Wahrscheinlichkeit für eine gleichzeitige Einlagesatzsenkung um 10 Basispunkte auf –0,50 % und die Einführung eines Staffelzinssystems sehen wir aber bei nur 50 %. Immerhin hat die EZB heute bis mindestens Mitte 2020 unveränderte Leitzinsen versprochen. Senkte sie den Einlagesatz bereits im September, wäre die Glaubwürdigkeit ihres Leitzinsausblicks stark beschädigt.

Da die EZB von den Konjunktur- und Inflationsdaten weiter enttäuscht werden dürfte, wird es bei einer Einlagesatzsenkung bis spätestens Oktober wohl nicht bleiben. Die Notenbank dürfte im vierten Quartal zudem neue unkonventionelle Maßnahmen ankündigen. Vor allem hinsichtlich neuer Wertpapierkäufe hat die EZB derartige Erwartungen stark angeheizt, dass sie diese nicht schadlos enttäuschen kann. Rechtliche Hürden bestehen unseres Erachtens kaum, da die EZB die 33-%-Restriktion jederzeit anheben kann. Nur so wird sie nicht an Grenzen stoßen. Sie könnte zudem ihr Kaufspektrum erweitern oder anderweitige Liquiditätsmaßnahmen ergreifen.

EZB wir nicht erfolgreich sein

Wird die EZB erfolgreich sein? Wir meinen nicht. Da Nullzinsen bereits vorliegen, kann die Geldpolitik durch Handelskonflikte entstandene Konjunkturnachteile nicht eliminieren. Auch steht sie strukturell niedrigen Inflationsraten machtlos gegenüber. Klar ist für uns dagegen aber, dass die schädlichen Nebenwirkungen der Geldpolitik zunehmen werden (u. a. Fehlallokation von Kapital, Preisblasen, Reformmüdigkeit). Da eine akute Notlage nicht besteht, erweckt die EZB aus unserer Sicht noch mehr den Eindruck, als arbeite sie Finanzmärkten und Staatshaushalten zu.

 

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