Dr. Alexander Krüger


EZB verlängert ihren extremen Krisenmodus

Die EZB hat die Leitzinswende für 2019 aktuell abgesagt und ihre Liquiditätsschleusen mit neuen Langfrist-Tendern noch etwas mehr geöffnet. Der geldpolitische Normalisierungshauch des Jahres 2018 ist damit verflogen. Dagegen hat sich der extreme Krisenmodus noch weiter festgesetzt. Eine Kommentierung von Dr. Alexander Krüger.

Foto: matthi / Clipdealer.de

EZB gibt kein grünes Licht für eine Leitzinserhöhung in diesem Jahr.

(Foto: matthi / Clipdealer.de)

Ihre geldpolitische Ausrichtung hat die EZB auf der heutigen Ratssitzung adjustiert und ausgeweitet. Dies betraf zunächst die Forward Guidance. Darin war die Notenbank bisher davon ausgegangen, dass die Leitzinsen „mindestens über den Sommer 2019 (…) auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden“. In der Neufassung ist der Mindesttermin nun auf „Ende 2019“ verschoben worden. Damit steht aus unserer Sicht jetzt fest, dass es eine Leitzinsanhebung in diesem Jahr nicht geben wird.

Neue Langfrist-Tender (TLTRO-III)

Überdies gab die EZB bekannt, neue Langfrist-Tender (TLTRO-III) mit Vollzuteilung ab September 2019 zu begeben. Sie werden in vierteljährlichem Rhythmus aufgelegt und jeweils mit einer zweijährigen Laufzeit ausgestattet. Der zugrundeliegende Zinssatz richtet sich nach dem Hauptrefinanzierungssatz während der Laufzeit. Mit der frühzeitigen Bekanntgabe des TLTRO-III-Programms schafft die Notenbank Planungssicherheit für den noch immer angeschlagenen (italienischen) Bankensektor.

Die nun weiter geöffneten geldpolitischen Schleusen sind laut EZB-Präsident Mario Draghi vor allem auch von den deutlich gesenkten BIP-Projektionen angeschoben worden. Für 2019/20 wurden sie von jeweils 1,7 auf 1,1/1,6 % gesenkt (2021 unverändert 1,5 %). Draghi erklärte dies auf der Pressekonferenz unter anderem mit der trüberen Außenwirtschaft. Das Signal für die Wachstumsrisiken steht seitens der EZB weiter auf „abwärts gerichtet“. Ihre Inflationsprojektionen senkte die EZB ebenfalls:
Für 2019/20/21 liegen diese nun bei 1,2/1,5/1,6 % (vorher: 1,6/1,7/1,8 %).

Die Furcht der Notenbank vor Nachteilen

Mit der Absage an eine 2019er-Leitzinswende und der auch künftig üppigen Liquiditätsversorgung des Bankensektors hat die EZB ihren ultra-expansiven Expansionsgrad nochmals verlängert. Dies zeigt aus unserer Sicht, wie sehr sich die Notenbank vor wirtschaftlich und systemisch nachteiligen Entwicklungen fürchtet.

Die Medizin, die sie verabreicht, kann unseres Erachtens aber nicht zur Gesundung beitragen, sie sichert nur den Status quo. Bis es nun geldpolitisch ansatzweise zu einem Normalisierungskurs kommt, wird nach den heute beschlossenen Maßnahmen wohl noch einige Zeit vergehen. Eine Leitzinswende hat sich jedenfalls auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Dies dürfte vor allem auch mit Blick auf die noch optimistische EZB-Wachstumsprojektion für 2020 gelten, für die wir weiteres Abwärtspotenzial sehen. Alles in allem zeigt das EZB-Vorgehen, dass ihr extremer Krisenmodus zum Standard geworden ist – die Japanisierung des Euroraums schreitet voran.

 
Verweis auf Interview (www.spreezeitung.de):