Ursula Pidun


Panzer-Deal mit Saudi-Arabien – Interview mit Burkhart Braunbehrens

Der geplante und umstrittene Rüstungsexport von 800 Leopard 2-Panzern nach Saudi-Arabien ruft jede Menge Kritiker auf den Plan. Gleichzeitig erschließt sich ein beispielhafter Aktionismus. Heiligt der Zweck tatsächlich jegliche Mittel? Im Gespräch mit Burkhart Braunbehrens, Anteilseigner der Panzerschmiede KMW.

Foto: Burkhard Braunbehrens

Herr Braunbehrens, Ihr Leben ist augenscheinlich unruhiger geworden. Der Grund liegt in einem Panzer-Deal Deutschlands mit Saudi-Arabien und darin, dass Sie Anteilseigner jener Panzerschmiede sind, die diesen Auftrag erledigen kann?

Gerne würde ich zunächst Bezug auf Ihren Printbeitrag nehmen. Dem Wunsch Saudi-Arabiens nach Leopard-Panzern standen schon immer die deutschen Exportrichtlinien im Weg. Es ist anzunehmen, dass diesem Wunsch bisher vor allem wegen der Bedrohungslage gegen Israel nicht entsprochen wurde. Die Lage hat sich inzwischen verändert. Da Saudi-Arabien in Bahrein einmarschiert war, um militärisch die dortige Oppositionsbewegung zu unterdrücken, sprechen meines Erachtens wiederum unsere Exportrichtlinien gegen eine Lieferung. Eine solche Lieferung wäre meines Erachtens ein feindliches Signal gegenüber der arabischen Demokratiebewegung. Diesen Aufstand mit allen möglichen Mitteln und vollem Herzen zu unterstützen, halte ich für die dringend gebotene Haltung der deutschen und europäischen Politik. Die arabische Revolution erfüllt alle Deutschen und Europäer, die an die gemeinsamen Werte von Freiheit, Demokratie und sozialer Gerechtigkeit glauben, mit großer Hoffnung.

Der Deal soll augenscheinlich auf Legitimation frisiert und daher der Zusammenbau der Panzer nach Spanien ausgelagert werden. Was halten Sie von solchen trickreichen Manövern in Sachen Rüstungsexporte?

Eine spanische Firma, die zu General Dynamics gehört, hat Lizenzen zum Bau des Leopard. Auch wenn dort ein Leopard gebaut werden könnte, würde eine Ausfuhr ebenfalls nach den deutschen Exportrichtlinien vom Bundessicherheitsrat genehmigt werden müssen. Die deutschen Exportrichtlinien lassen eine Umgehung über Drittländer ausdrücklich nicht zu.

Eine Vorabanfrage an den Bundessicherheitsrat im Sommer 2011 hinsichtlich einer Lieferung von 200 Leopard 2-Panzern wurde laut Medienangaben bereits positiv beschieden. Solche Kunstgriffe beweisen im Grunde, wie weit entfernt wir noch von einem gemeinsamen Europa sind und müssten derartige Entscheidungen zum Rüstungsexport nicht besser auf EU-Ebene getroffen werden?

Ich halte solche bilateralen Geschichten für das Gegenteil von europäischer Kooperation. Einheitliche europäische Exportrichtlinien oder noch besser wirklich verbindliche Vereinbarungen zu Rüstungshandel, wie sie derzeit in der UNO verhandelt werden, wären eine gute Lösung, die auch die Konkurrenz um jeweils laschere nationale Vorschriften ausschalten könnten.

Dieser Export-Deal hat verständlicherweise Kritiker auf den Plan gerufen. Geht es aus Ihrer Sicht nicht zu weit, wenn – wie einst im „Wilden Westen“ – ein Kopfgeld auf Ihre Familie als Anteilseigner ausgelobt wird?

Die schmutzige Kampagne missbraucht die berechtigte öffentliche Sorge vor einer möglichen Panzerlieferung an Saudi-Arabien und tut ihr einen schlechten Dienst. Sie versucht mit kriminellen Eingriffen in das persönliche Leben Einzelner um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erzielen. Der Initiator stiftet seine naiven Mitstreiter an, Todesdrohungen auszusprechen, Pistolenkugeln zu verschicken etc. nach der Devise: Für die Rettung der Welt ist es schön, ein paar Tage ins Gefängnis zu gehen. Soviel ich weiß, gibt es bisher keine Anzeigen gegen dies Treiben. Dieser ekelhafte Klamauk entspricht nicht der Tragweite und Bedeutung dieser politischen Entscheidung.

Obwohl Sie Miteigner von KMW sind, sprechen Sie sich strikt gegen den Deal aus. Warum?

Das habe ich oben versucht, zu erklären, möchte aber betonen, dass es diesen Deal, wie Sie sich ausdrücken, gegenwärtig nicht gibt. Und er müsste wiederum vom Bundessicherheitsrat genehmigt werden. Insofern ist die öffentliche Meinung, die auf Politik Einfluss nimmt und notwendigster Teil der demokratischen Willensbildung ist, durchaus gefragt.

Sind Sie ggf. deshalb nicht mehr im Aufsichtsrat, weil Sie gegen diesen Deal sind?

Dazu kann ich Ihnen leider nicht antworten. Es gibt dazu aber schon ausreichende Spekulationen in der Öffentlichkeit.

Neben der Geschichte mit dem Kopfgeld gibt es eine Postsendung mit Pistolenkugeln. Was hat es damit auf sich und wer schickt Ihnen so etwas?

Wiederum nicht der Kampagnen-Häuptling sondern eine Dame ungefähr meines Jahrgangs, die mir mit beigefügter Kugel Kaliber 9mm schrieb, sie habe als Kind in den Bombennächten erfahren müssen, wie schlimm und menschenfeindlich Waffen seien. Ich habe Ihr geantwortet, dass sie und Deutschland seiner Zeit unter unermesslichen Opfern durch Russen, Franzosen, Engländer und vielen mehr, vor allem auch durch Amerikaner, von denen allein in der Normandie über 20 000 Soldaten ihr Leben gaben, befreit worden ist.

Sie haben vor Jahren linke Ansichten vertreten. Linke Politik wendet sich allerdings strikt gegen Rüstung, Aufrüstung… etc. Wie haben sie die Kontroverse mit sich selbst gemanagt, politisch links zu stehen und gleichzeitig Anteilseigner einer Panzerschmiede zu sein?

Sie verwechseln links mit pazifistisch. Die Pazifisten waren unter den Linken immer ein kleine Strömung. Ich selbst habe öffentlich mit Büchse in Heidelberg gesammelt für „Waffen für den Vietkong“. Damit wollten wir uns auch gegen die teilweise verlogene Haltung von Teilen der Friedensbewegung positionieren.

Was werfen Kritiker Ihnen persönlich vor? Immerhin gehen Sie in Hinblick auf den Panzerdeal mit Saudi-Arabien in Kontra-Stellung und Sie treten mit dieser Haltung auch an die Öffentlichkeit.

Das müssen Sie schon die sehr unterschiedlichen Kritiker selbst fragen.

Wie erfolgreich schätzen Sie es ein, dass dieser Deal am Ende doch nicht zustande kommt und könnte dies Signalwirkung haben in Hinblick auf das Management künftiger Rüstungsexporte?

Zweimal ja!