Christopher Pidun


Ostasien-Experte Prof. Dr. Rüdiger Frank: Das Ende des Mittelstandes in Nordkorea?

Zu einer der wenigen, noch verbliebenen stalinistischen Staaten zählt Nordkorea. Die wohl restriktivste totalitäre Diktatur mit etwa 23 Millionen Einwohnern agiert völlig abgeschottet unter der Herrschaft von Kim Jong-il. Nur selten dringen Nachrichten aus dem hermetisch abgeriegelten Land, dann allerdings beinhalten sie reichlich Sprengstoff.

So machte Nordkorea erst kürzlich mit seinem umstrittenen Atomwaffenprogramm Schlagzeilen. Denn nach eigenen Angaben soll das Land über mehrere einsatzbereite Atombomben verfügen. Eine in Nordkorea entwickelte Interkontinentalrakete des Typs „Taepodong-2“ soll – bestückt mit einem Atomsprengkopf – angeblich sogar die Westküste der USA erreichen können.

Seit einigen Tagen nun drängen neue Nachrichten aus Nordkorea. Diesmal geht es allerdings um die jüngst durchgeführte Währungsreform. Sie versetzt das Volk in große Aufregung, denn mit der einhergehenden Abwertung verlieren die Nord-Koreaner all ihre Ersparnisse. Bis zum 6. Dezember musste das Geld getauscht werden und das zu einem Verhältnis 1 zu 100. Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit dem Ostasien-Experten Prof. Dr. Rüdiger Frank, Professor für Wirtschaft und Gesellschaft Ostasiens am Institut für Ostasienwissenschaften der Universität Wien. Frank, der unter anderem auch in den Jahren 1991 und 1992 an der Kim Il-sung Universität Sprache studierte, zählt heute mit seinen vielfältigen und fachbezogenen Enagagements zum Kreis der renommiertesten Ostasien-Experten.

(Foto: Rüdiger Frank)

Herr Frank, die Menschen in Nordkorea haben mit einer Vielzahl an Problemen zu kämpfen: Angefangen bei mangelnder Nahrungsversorgung bis hin zu einer fast völlig brachliegenden Industrie. Wieso führt die Staatsführung ausgerechnet jetzt eine Währungsreform durch?

Zunächst geht es ganz simpel um Inflationsbekämpfung, da man nicht sämtliches Geld der Bürger umtauscht, sondern nur einen bestimmten Betrag; wir haben unterschiedliche Meldungen dazu, aber es ist wohl ungefähr so viel, wie 80-150 Kilogramm Reis kosten. Viele Menschen werden also einen Großteil ihres Kapitals verlieren, was die Zahlungsfähigkeit senkt und damit normalerweise auch das durchschnittliche Preisniveau am Markt. Es kann auch eine Nachfrageverlagerung in einzelne Güter erfolgen, was dort sogar einen Preisanstieg auslösen kann. Die Mehrheit der ärmeren Menschen ist nicht betroffen, da sie in der Regel kaum monetäre Ersparnisse haben.

Der politische Grund ist die angestrebte Vernichtung der gerade erst entstandenen neuen Mittelschicht, die sich als echte Gefahr herausgestellt hat. Nach den Wirtschaftsreformen von 2002 hat sich in Nordkorea schnell eine Situation herausgebildet, in der nicht alle, aber viele Menschen auf dem Wege des privaten wirtschaftlichen Handelns einen sozialen Aufstieg geschafft haben, den es zuvor nur in staatlichen Institutionen gegeben hat. Anstatt politische Loyalität zu demonstrieren, konnte man nun auch durch ökonomische Tätigkeit aufsteigen.

Das hat zu immer deutlicher werdenden Einkommensunterschieden geführt, die vor allen die Verlierer sehr kritisiert haben. Eine Folge war auch mehr Selbstbewusstsein bei den Bürgern. Der Staat war nicht mehr so wichtig, so zentral für das Leben der Menschen. Das ist in einem monolithischen politischen System wie Nordkorea eine ernste Bedrohung. Man hat in Pyongyang seinerzeit genau geschaut, was in Osteuropa passiert ist, und hat nun Angst vor einer Wiederholung der Ereignisse. Auch die kompromisslose Politik der Bush-Regierung gegen die sogenannte Achse des Bösen hat große Sorge bei der Führung ausgelöst. Also versucht man seit ca. 5 Jahren, die erst 2002 eingeführten Marktreformen wieder rückgängig zu machen. Das geht aber nicht so einfach, daher nun diese de facto Enteignung eines großen Teils des Mittelstandes. Betroffen sind vor allen jene, die ihr Geld nicht in Devisen oder Sachwerte umgetauscht haben. Viele haben dies aber wohl noch rechtzeitig geschafft, es leiden also vor allem die kleinen Händler.

Ist das der richtige Weg, um die dramatisch fortschreitende Inflation zu bekämpfen? Natürlich nicht. Kurzfristig wird es funktionieren, aber das Grundproblem bleibt doch unverändert erhalten – die Nachfrage ist viel größer, als das Angebot. Das gilt für so ziemlich alles, von Reis bis Elektronik. Die Inflation kehrt also bald zurück. Die einzige wirkliche Lösung wäre eine Ausweitung des Angebotes, das aber braucht Wirtschaftswachstum. Damit sind wir dann wieder bei der Nuklearfrage, denn dieses Druckmittel wird auch eingesetzt, um Wirtschaftshilfen zu erhalten.

Wird man den neuen Mittelstand tatsächlich abschaffen können? Auch hier bin ich skeptisch. Die Menschen in Nordkorea haben erstmals gelernt, wie es ist, mit Geld umzugehen und individuell zu produzieren, zu verkaufen, zu handeln. Dieses Wissen kann man nicht hinwegkommandieren. Bei der nächsten Gelegenheit werden die Märkte wieder funktionieren. Und vergessen wir nicht das politische Risiko. Wer de facto enteignet wurde, wird darüber nicht erfreut sein. Entweder, man macht das System gleich dafür verantwortlich und revoltiert, oder es baut sich Frustration auf, und zwar in hohem Maße. Dann genügt in Zukunft ein Funke, um die Bombe zum Platzen zu bringen. In den ehemaligen sozialistischen Ländern Europas war es schließlich genauso.

Die systematische Isolation des Staates sorgt dafür, dass glaubwürdige Meldungen und Informationen aus dem Land rar gesät sind. Haben Sie dennoch eine Vermutung, ob die Währungsreform möglicherweise erstmals Proteste – in welcher Form auch immer – hervorrufen könnte?

Es gibt dazu in der Tat einzelne Meldungen, doch ich bin da eher vorsichtig. Ein großes Risiko für die innere Stabilität war die Maßnahme auf jeden Fall. Wie auch immer dies jetzt ausgeht, Frustration ist mit Sicherheit entstanden. Dass diese irgendwann einmal offen ausbrechen wird, ist klar – nur wann, das wissen wir nicht. Denken Sie an die DDR: dort haben am 7. Oktober 1989 noch Zehntausende winkend, doch innerlich abwesend an der alternden Führung vorbeiparadiert. Der Staat hatte längst die Herzen der Menschen verloren, aber zum Aufstand kam es nicht. Doch nur zwei Tage später in Leipzig gab es die erste große Montagsdemonstration, in mehrfacher Hinsicht ein wahres Wunder. Nach einem Monat fiel die Mauer und weniger als ein Jahr später war die DDR verschwunden. So schnell kann es gehen, wenn die Menschen hinreichend unzufrieden sind.

Erst vor kurzem erhitzte eine militärische Auseinandersetzung in der Region die Gemüter. Ein nordkoreanisches Patrouillenboot ist in südkoreanische Gewässer eingedrungen und wurde daraufhin beschossen. Nebst eigenem Nuklearprogramm stellt dies nur eine der zahlreichen Provokationen seitens der kommunistischen Diktatur dar. Steht das Land am Rande einer Eskalation?

Dort steht es permanent. Außenpolitischer Druck ist eine Notwendigkeit für das Regime, um die Belagerungsmentalität im Lande aufrechtzuerhalten. Auch wäre es aus Sicht Nordkoreas fatal, wenn die umliegenden Länder das Interesse verlieren würden. Das ist schon einmal passiert, Anfang der 1960er Jahre, als sowohl Moskau wie auch Beijing plötzlich ihr Wetteifern um die Gefolgschaft Pyongyangs aufgaben. Einfach so ließen sie sich nicht mehr erpressen. Das Resultat war ein wirtschaftlicher Niedergang, dessen Folgen wir heute noch sehen. Das Atomprogramm ist in diesem Zusammenhang die Garantie, dass sich die USA, China, Südkorea und Japan ein erneutes Ignorieren Nordkoreas nicht mehr leisten können.

Das Regime wird bereits seit längerer Zeit verdächtigt, Raketentechnologie ins Ausland zu verkaufen. Könnte hier auch ein Zusammenhang zum internationalen Terrorismus bestehen?

Dazu habe ich keine Informationen. Ich halte diese Diskussion übrigens für ein Stück weit scheinheilig; der internationale Terrorismus operiert auch (primär?) mit Waffen aus den USA. Waffenhandel ist ein einträgliches Geschäft, das die „Großen“ dieser Welt allesamt betreiben. Und Waffen dienen grundsätzlich nur einem, sehr offensichtlichen Zweck. Gute und schlechte Waffen – das ist ein fragwürdiges Konzept. Aus moralischer Sicht gilt es, den Waffenhandel an sich zu verurteilen, und nicht einzelne Staaten. Wer mit zweierlei Maß misst, macht sich schnell unglaubwürdig.

Welche Bedeutung hat die Volksrepublik China für die Aufrechterhaltung des Regimes? Man beachte nur die Vereinbarung der beiden Länder, nordkoreanische Flüchtlinge, die nach China fliehen und entdeckt werden, umgehend zurück ihre Heimat zu schicken – wo meist der sichere Tod wartet?

Die Strafe für Flucht nach China ist weniger hart als seinerzeit in der DDR. In der Regel gibt es Gefängnis beziehungsweise Umerziehungslager von wenigen Wochen oder Monaten. Das ist schlimm genug, aber eben keine Hinrichtung. Ausnahmen wird es leider sicherlich geben, wir sollten es uns aber trotzdem leisten können, aus dem vereinfachenden Kalten-Kriegs-Schema von „Gut gegen Böse“ auszubrechen. So einfach ist die Welt nicht. Wenn wir moralisch die Überlegenen sein wollen, dann müssen wir den schweren Weg der differenzierten Sicht gehen. Gefühle sind da selten gute Ratgeber.

Was China angeht: Ohne China würde es Nordkorea sehr schwer fallen, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch zu überleben. Beijing ist hier in einer Zwangslage. Nordkorea gilt als Verbündeter, wenngleich ein schwieriger. Wer eine Führungsrolle in der Region beansprucht, wird auch daran gemessen, wie er mit seinen Schutzbefohlenen umgeht. Und ein Zusammenbruch Nordkoreas würde zu vielen unangenehmen Fragen führen: Soll China einmarschieren und die öffentliche Sicherheit aufrechterhalten? Wie würde das international gewertet? Oder soll China zulassen, dass Südkorea den Norden übernimmt und sich damit der Einflussbereich der USA bis an die strategisch wichtige Grenze im Nordosten Chinas ausbreitet? Solange nicht völlig klar ist, wer die Kontrolle im Falle eines Kollapses übernimmt, wird China Nordkorea stabilisieren, wenn auch widerwillig. Andere Länder kalkulieren übrigens sehr ähnlich.

Klar ist: mit der Ausnahme Südkoreas hat keine der beteiligten Parteien ein genuines Interesse an Nordkorea selbst. Meist geht es um strategische Fragen, die weit über dieses kleine und unbedeutende Land hinausgehen. Eine Lösung ist also nicht in Nordkorea zu suchen, sondern eben da, wo diese Interessen liegen. An erster Stelle ist das die Frage des Verhältnisses China – USA, und die der Rolle Chinas in Ostasien. Solange diese Kernfragen nicht adressiert werden, wird der Tanz um Nordkorea noch lange ergebnislos andauern.

Kim Jong-un, der Sohn des amtierenden Diktators Kim Jong-il, wird als sicherer Nachfolger gehandelt. Immerhin besuchte er eine Schule in der Schweiz. Bedeutet dies vielleicht sogar eine Kehrtwende in der zukünftigen Politik?

Von „sicherer Nachfolger“ kann überhaupt keine Rede sein. Es gibt in der Tat entsprechende Hinweise, aber diese sind nicht hinreichend belegt. Es wurde auch jahrelang unter Berufung auf „todsichere“ Quellen berichtet, dass Kim Jong-il nach einem Autounfall einen Sprachfehler hat – bis er dann beim Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung die Welt mit klaren und deutlichen Sätzen beeindruckte. Was für ein leichter, unverdienter Propagandasieg. Ich war damals im Juni 2000 in Südkorea und konnte die Wirkung mit eigenen Augen mit verfolgen. Unser Hunger nach Informationen über Nordkorea führt oft zu den seltsamsten Resultaten.

Ich erwarte allerdings tatsächlich eine Rückkehr zu Wirtschaftsreformen, allerdings aus sehr pragmatischen Gründen. Das ist von der Führungsperson weitgehend unabhängig. Man hat in Nordkorea verstanden, dass es ohne wirtschaftlichen Erfolg nicht möglich ist, auf Dauer Stabilität und Unabhängigkeit zu bewahren; von einer maßgeblichen Rolle bei der Wiedervereinigung ganz zu schweigen. Man hat auch begriffen, dass der angestrebte wirtschaftliche Erfolg im bestehenden staatswirtschaftlichen System nicht zu erreichen ist. Ferner haben die Versuche von 2002 gezeigt, dass ein Nachahmen des chinesischen Weges – Reformen erst einmal nur in der Landwirtschaft – in Nordkorea mit seiner sehr anderen, eher industriellen volkswirtschaftlichen Struktur nicht funktionieren wird. Es bleibt also nur die Reform in der Verarbeitenden Industrie, also der südkoreanische Weg ab 1961, als es dort eine Entwicklungsdiktatur mit einer Militärregierung an der Spitze gab. Dafür braucht man aber Kredite aus dem Ausland, und man braucht Zugang zu Exportmärkten. Beides wird ohne Duldung – wenn nicht gar Unterstützung – aus den USA nicht gehen – daher das Atomprogramm und der massive Druck auf Washington, endlich die Beziehungen zu normalisieren, Nordkorea anzuerkennen, den Korea-Krieg zu beenden und die Sanktionen aufzuheben.

Was die Nachfolge von Kim Jong-il angeht, so gehe ich davon aus, dass es keinen dritten „Großen Führer“ mehr geben wird, sondern eine kollektive Führung. Dieses Kollektiv wird eine Spitze brauchen, das könnte unter gewissen Umständen auch ein Sohn von Kim Jong-il sein. Aber er würde zweifellos eine andere Rolle als sein Vater und Großvater spielen. Eher wie ein Papst, nicht wie ein Enkel Gottes. Dieser Vergleich ist übrigens nicht so abwegig; Kim Il-sung erlebt in der Tat nahezu religiöse Verehrung in Nordkorea. Von Kim Jong-eun erwarte ich also eher wenig. Aber hier werden wir abwarten müssen, dies ist eine Gleichung mit zu vielen Unbekannten. Als Ende des 19. Jahrhunderts eine Frau für den noch jungen König Koreas gesucht wurde, entschied man sich für eine Tochter aus einem kleinen, unbedeutenden Clan, in der Annahme, dass dieser keinen Schaden am Machtgefüge würde anrichten können. Das hat sich hinterher als schwere Fehleinschätzung herausgestellt.

Welche Möglichkeiten hat Europa, die Lage auf der Halbinsel zu stabilisieren?

Alle uns bekannten Risiken erwachsen letztlich aus einer Destabilisierung Nordkoreas. Das gilt für eine neue Hungersnot, den Kollaps mit möglichem Bürgerkrieg als Folge, gar eine militärischen Auseinandersetzung zwischen China und den USA um die Vorherrschaft auf der koreanischen Halbinsel. Auch die Verbreitung von Atomwaffen durch Nordkorea gehört zu diesen Risiken. Was können wir dagegen tun? Da die EU aufgrund fehlender Instrumente kaum wirklich aktiv sein kann, was die direkte Machtprojektion angeht, bleibt uns eigentlich nur eine Stabilisierung Nordkoreas – etwa durch die Lieferung von Nahrungsmitteln im Falle einer drohenden Hungersnot. Auch gezielte Maßnahmen zum Capacity Building sind sinnvoll, wobei sich in Nordkorea dazu eine erhebliche Skepsis herausgebildet hat. Ich habe seit 2004 mehrfach an solchen Maßnahmen aktiv teilgenommen, in Nordkorea und in der Schweiz, und habe den Wandel in der entsprechenden Haltung miterlebt. Die Führung reagiert sehr sensibel, wenn Europäer allzu offensichtlich versuchen, das System zu unterminieren. Dies ist nicht unverständlich.

Ich erkenne im Westen ein eklatantes Misstrauen in die Wirksamkeit des eigenen Systems. Das verleitet dann schnell zur „zentralen Planung des Wandels“ in Nordkorea. Hinterher wundert man sich dann, dass zentrale Planung nicht funktioniert – dabei sollten wir das doch wirklich verstanden haben. Wir verändern das System schon, wenn wir mit Nordkoreanern interagieren, wenn sie uns und unseren Lebensstil kennenlernen und sich so ihre Gedanken machen. Auch Geld ist wichtig; schön ist es, wenn es bei den Armen ankommt, aber auch bei den Reichen ist es gut aufgehoben. Nichts delegitimiert ein System in den Augen seiner Bewohner so sehr wie offensichtliche Korruption der Machthaber.

Nicht zuletzt spielt Europa bereits eine sehr wichtige Rolle als Vermittler. Diese sollten wir uns nicht nehmen lassen, indem wir etwa den 6-Parteien-Gesprächen beitreten. Die EU als neutrale Partei ist immer dann besonders wichtig, wenn bei den offiziellen Gesprächen nichts mehr geht. Ich habe persönlich solchen Treffen auf „neutralem Gebiet“ beigewohnt und habe gesehen, wie dankbar Nordkorea und seine gerade offiziell nicht gesprächsbereiten Partner solche Gelegenheiten wahrgenommen haben. Noch im Oktober 2002 war ich auch bei einem Gespräch mit dem nordkoreanischen Vize-Außenminister in Brüssel zugegen. Die damals geäußerten großen Vorhaben sind leider wenig später im Kontext des „Krieges gegen den Terror“ zugrunde gegangen.

Heute ist es schwer, unter den vielen Mitgliedsländern der EU eine einheitliche Meinung zu irgendetwas zu erreichen – von Nordkorea ganz zu schweigen. Es liegt auch zu weit weg und hat keine Lobby. Europas Stärke ist daher eher der bilaterale Multilateralismus, also eine Vielzahl von bilateralen Kontakten, die uns nicht nur eine, sondern viele Politiken erlauben. Natürlicherweise handelt es sich hierbei jedoch eher um Spiele mit kleinen Einsätzen.

Nordkorea hat sich erstmals seit 1966 wieder für die Fußballweltmeisterschaft qualifiziert: eine gute Gelegenheit, das Land ein Stück weit aus der Isolation bringen?

Sie spielen auf die Ping-Pong Diplomatie von Nixon an? Die Voraussetzung wäre, dass man sich im Prinzip schon einig ist und auf eine Gelegenheit wartet, diese Einigung der Öffentlichkeit schonend zu verkaufen. So weit sind wir mit Nordkorea noch lange nicht. Die Teilnahme Nordkoreas an der WM wird also über den puren Unterhaltungswert nicht hinausgehen, es sei denn, die Diplomaten erzielen vorher einen Durchbruch, oder die Realitäten ändern sich maßgeblich.

Das Gespräch führte: Christopher Pidun
 

E-Mail an Prof. Dr. Rüdiger Frank

Source: Rüdiger Frank über die Lage in Nordkorea